Wiesbaden. Wo steht die hessische Rechenzentrumsbranche? Welche Herausforderungen gibt es? Dies waren nur einige Fragen, die beim Treffen der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Prof. Dr. Kristina Sinemus, mit hessischen Rechenzentrumsbetreibern vergangenen Freitag diskutiert wurden. Die Ministerin hatte erstmals zu solch einem Austausch in die Staatskanzlei eingeladen.
„Die Stärke Hessens als Rechenzentrumsstandort bedingt eine besondere Verantwortung, aber auch eine Gestaltungschance. Uns ist bewusst, dass Rechenzentren im Spannungsfeld der Resilienz, Sicherheit, Verfügbarkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit stehen. Aber sie sind notwendig, um eine leistungsfähige digitale Infrastruktur zu haben“, sagte die Ministerin. Ebenso komme Kommunen und Regionen eine wichtige Rolle beim Ausbau der digitalen Infrastruktur zu. Mit dem neu gegründeten Rechenzentrumsbüro soll ein Beitrag zur Vernetzung geleistet und eine Anlaufstelle für Kommunen, Rechenzentren sowie Bürgerinnen und Bürger geboten werden. Sinemus verwies darauf, dass das Treffen mit den Rechenzentrumsbetreibern ein erster Ansatz sei, um zielgerichtete Maßnahmen zu entwickeln und zu bündeln sowie Impulse zu erhalten.
„Wer Rechenzentrum hört, denkt an Hessen und den Ballungsraum Frankfurt Rhein-Main: Die Region hat sich inzwischen zu einem schnell wachsenden Standort für Rechenzentren entwickelt und profitiert von der Wertschöpfung und den Arbeitsplätzen. In einer Wachstumsbranche, die so energieintensiv ist, besteht die größte Herausforderung darin, den Energieverbrauch zu senken und die Abwärme sinnvoll zu nutzen. Das wird sicher eine der wichtigsten Aufgaben des hessischen Rechenzentrumsbüros werden, damit wir in Frankfurt Rhein-Main zeigen, wie die notwendige Transformation zum klimaneutralen Wirtschaften funktioniert“, sagte Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.
Fast ein Drittel aller deutschen Rechenzentrumskapazitäten in Hessen
Hessen gehört mit rund 11.000 Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnik und rund 120.000 Beschäftigten zu den Top-Digitalisierungsstandorten. Ähnliches gilt für die Rechenzentren. Fast ein Drittel aller deutschen Rechenzentrumskapazitäten befindet sich in Hessen, bei den Großrechenzentren sind es sogar 50 Prozent. Rechenzentren sichern mehr als 35.000 Arbeitsplätze in Hessen. Frankfurt/Rhein-Main ist die am schnellsten wachsende Rechenzentrumsregion in Europa. „Digitale Infrastrukturen und Rechenzentren haben eine hohe Bedeutung für eine erfolgreiche, wirtschaftlich sinnvolle und nachhaltige Digitalisierung. Sie tragen zudem zu einer Stärkung des Standorts Hessen und der Wirtschaft bei“, unterstrich Sinemus.
Eine ebenfalls bei dem Treffen vorgestellte Studie des Borderstep Institute „Herausforderungen und Chancen durch den Boom beim Neubau von Rechenzentren“, zeigt auf, dass sich die Kapazitäten der Colocation-Rechenzentren in Hessen, also Zentren, in denen Flächen zur Miete angeboten werden, alle fünf Jahre verdoppeln. Die Autoren gehen davon aus, dass die Kapazitäten bis 2025 um mehr als 50 Prozent steigen werden. Gerade in Ballungsräumen stelle daher die Versorgung mit ausreichend Bauland und Stromleistung eine der Herausforderungen für das künftige Wachstum der Branche dar. Ebenso müssten der Fachkräftemangel und der nachhaltige Betrieb, insbesondere hinsichtlich der Versorgung mit regenerativ erzeugtem Strom und der Nutzung der Abwärme der Zentren in den Fokus genommen werden.
Wollen Vorreiter nachhaltiger Rechenzentren werden
„Digitale Infrastruktur muss auch aus dem Blickwinkel von Nachhaltigkeit und Energieeffizienz gesehen werden. Dieses Thema ist ein wichtiges gemeinsames Anliegen beider Regierungspartner, das auch für die Zentrumsbetreiber eine wachsende Bedeutung hat“, sagte Sinemus. Der Grünen-Fraktion war besonders wichtig, dass Kommunen die wirtschaftlichen Chancen der Digitalisierung nutzen können – und gleichzeitig bei ihren Bemühungen, Rechenzentren ökologisch nachhaltig und klimaneutral zu gestalten, Unterstützung finden. Denn der Investorendruck ist hoch und vielen Städten und Gemeinden fehlt die eigene Expertise. Das Rechenzentrumsbüro ist hier künftig eine wichtige Anlaufstelle.
„Wir wollen unsere Spitzenposition weiter stärken und ausbauen. Um uns zukunftssicher aufzustellen, müssen wir dafür sorgen, dass die durch digitale Technologien erzielten Energie- und Treibhausgaseinsparungen nicht durch den Energieverbrauch der Digitalisierung selbst wieder eliminiert werden. Hier haben die Rechenzentrumsbetreiber durch ihre Effizienzbemühungen schon vieles auf den Weg gebracht“, ergänzte die Ministerin. „Wir wollen uns zu einem Vorreiter auf dem Feld energieeffizienter, nachhaltiger Rechenzentren und Green IT entwickeln.“
Weitere Informationen gibt es unter https://digitales.hessen.de/starke-netze/recheninfrastrukturen