Berlin. Bei einer Paneldiskussion in der Hessischen Landesvertretung in Berlin mit Vertreterinnen und Vertretern der Rechenzentrumsbranche sowie Verbänden und Unternehmen betonte Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus, dass Rechenzentren das Fundament der Digitalisierung und fester Bestandteil von Lösungen zur Erreichung von Energie- und Klimazielen seien. „Natürlich muss digitale Infrastruktur auch selbst aus dem Blickwinkel von Nachhaltigkeit und Energieeffizienz betrachtet werden. Rechenzentren kommt jedoch zum Beispiel bei der klimaverträglichen Transformation von Unternehmen eine Schlüsselrolle zu, da diese IT-Infrastruktur bereitstellen, um sich zu vernetzen und damit Prozesse digitalisieren“, führte Sinemus aus. „Nur mit digitalen Lösungen können Stromerzeuger, Speicher, Elektroautos, Wärmepumpen und intelligente Netze effizient zusammenwirken“, ergänzte sie.
„Hessen ist der deutsche Topstandort für Rechenzentren. Gerade hier kann die Branche zeigen, wie nachhaltige Rechenzentren der Zukunft aussehen können,“ betonte Sinemus. In Hessen befinden sich etwa ein Viertel aller deutschen Rechenzentrumskapazitäten und 40 Prozent der Großrechenzentren sowie der Colocation-Rechenzentren. Zudem liegt mit dem DE-CIX in Frankfurt der leistungsfähigste Internetknoten der Welt in der Region.
Abwärme bietet großes Potenzial
„Vor allem die in Rechenzentren entstehende Abwärme bietet großes Potenzial, ob für die Beheizung von Wohnanlagen oder den Einsatz in naheliegenden Industrien. Um dies zu verwirklichen, müssen jedoch kooperative Lösungen gefunden werden, unter anderem unter Einbeziehung von Kommunen und Energieversorgern“, so Sinemus. Abwärmeprojekte wie Westville oder das Hochhaus „Eurotheum“ in Frankfurt seien hierfür gute Beispiele. Der eco - Verband der Internetwirtschaft e. V. geht davon aus, dass sich rein rechnerisch allein mit der Abwärme der im Frankfurter Raum angesiedelten Rechenzentren bis 2030 der gesamte Wärmebedarf von Privathaushalten und Bürogebäuden in der Stadt decken ließe. „Und auch der patentierte GreenCube am GSI in Darmstadt zeigt: Offenheit für innovative Ansätze zahlt sich aus,“ ergänzte Sinemus. Zudem müsse die Effizienz der Rechenzentren, die stark von der Auslastung abhänge, gesteigert werden. In der Regel liege die CPU-Auslastung selten höher als 30 Prozent, so dass mindestens 70 Prozent der Energie ungenutzt verpuffe. „Eine Verpflichtung von 30 bis 40 Prozent Abwärmenutzung erfordert bei einem größeren Rechenzentrum rund 10.000 Haushalte, die diese Wärme auch tatsächlich nutzen können. Dafür fehlen aktuell die Voraussetzungen in Deutschland. Wir müssen daher deutlich mehr in entsprechende Niedrig-Temperatur-Fernwärmenetze investieren, um dies zu ermöglichen“, unterstrich Béla Waldhauser, CEO von Telehouse.
Mit einem Energieeffizienzgesetz will der Bund nun erreichen, dass Rechenzentren ihren Energiebedarf ab 2025 zu 100 Prozent durch ungeförderten Strom aus erneuerbaren Energien decken müssen. Auch die Nutzung der Abwärme soll für neuere Rechenzentren verpflichtend vorgesehen werden. Dies kann aus Sicht der Betreiber jedoch nur gelingen, wenn kommunale Wärmenetze modernisiert und die zuständigen Energieversorger auch zur Abnahme der Abwärme verpflichtet werden. „100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien ab Januar 2025 ist beim aktuellen Strommix in Deutschland nicht realisierbar. Durch die Abhängigkeit von Solar- und Windstrom können wir den Betrieb eines Rechenzentrums rund um die Uhr schlicht und einfach nicht aufrechterhalten. Hier braucht es realistische Ziele“, sagte Waldhauser.