Hessens Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus setzt sich für die konsequente Digitalisierung der Landwirtschaft ein. „Landwirte bestellen Äcker nicht mehr nur mit menschlichem Geschick und maschineller Kraft, sondern auch mit digitalen Technologien bis hin zur Künstlichen Intelligenz. Digitale Technologien machen die Landwirtschaft produktiver, effizienter und ressourcenschonender,“ sagte Sinemus beim dritten Digital Leaders Roundtable in Brüssel. „Früher waren die wichtigsten bäuerlichen Orte Feld, Scheune und Stall. Heute kommt ein vierter dazu: der digitale Raum.“
Mit Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft und der Politik diskutierte Sinemus das Thema „Agriculture for Tomorrow“. Hintergrund sind zwei aktuelle Entwicklungen in der EU: Am 11. Dezember 2019 stellte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Grünen Deal der EU vor. Die EU soll hierdurch globaler Vorreiter im Klimaschutz werden und bis 2050 als erster Kontinent keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen. Einen wichtigen Beitrag soll dazu die Landwirtschaft leisten. Darüber hinaus profitiert die Landwirtschaft von der Digitalisierungsoffensive der EU. Zwei Schwerpunkte sind das Verknüpfen von KI und Agrarwirtschaft sowie das Erschaffen eines EU-Datenraums für Landwirtschaft.
Ländlicher Raum kann Schlüsselrolle bekommen
„Die europäische Agrarwirtschaft gehört zu den weltweit führenden Erzeugern von Lebensmitteln und ist der Garant für Millionen von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum“, machte Sinemus die Bedeutung der Branche auch für Hessen deutlich. „Sie setzt Standards in puncto Qualität, Frische und Versorgungssicherheit – insbesondere auch in Krisenzeiten. Wenn wir diese Vorreiterrolle verteidigen und ausbauen wollen, müssen wir die Landwirtschaft weiter digitalisieren. Eine erfolgreiche heimische Landwirtschaft hält gleichzeitig den ländlichen Raum attraktiv. Wir können dem ländlichen Raum und der Landwirtschaft beim ökologischen und digitalen Wandel eine Schlüsselrolle zukommen lassen, wenn wir den Menschen vor Ort die richtigen Instrumente und Hilfen an die Hand zu geben“, so Sinemus abschließend.
Hessens Europastaatssekretär Uwe Becker ergänzte: „Brüssel ist genau der Ort, an dem diese Diskussionen zu führen sind, denn hier treffen eine Jahrzehnte lange Erfahrung im Umgang mit agrarpolitischen Themen und aktuelle Vorhaben im Rahmen der Digitalisierung zusammen. Die Ernährungssicherheit ist durch den Krieg in der Ukraine wieder stärker in den Fokus geraten. Das ist gut und unbedingt notwendig. Die effiziente Nutzung landwirtschaftlicher Flächen ist deshalb in unserem ureigenen Sicherheitsinteresse und wir sollen in diesem Bereich alle technischen Möglichkeiten ausnutzen, die uns zur Verfügung stehen.“
Norbert Lins MdEP, Vorsitzender des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) des Europäischen Parlaments: „Um neue Strategien wie Farm to Fork und Biodiversität umsetzen zu können, müssen wir auf mehr Digitalisierung in der Landwirtschaft setzen. Eine große Chance sehe ich zum Beispiel bei den Pflanzenschutzmitteln und der Präzisionslandwirtschaft oder auch bei neuen Züchtungstechnologien. Auch wenn es große Herausforderungen gibt, Digitalisierung für jeden Hof zugänglich zu machen, so überwiegen jedoch die Vorteile und wir sollten von Innovation und neuen Technologien Gebrauch machen.“
Jörg Migende, Leiter Digital Farming in der BayWa AG: „Landwirtschaft 4.0 hilft nachweislich, die ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Gerade in Zeiten, in denen die Nahrungsmittelversorgung wieder in den Fokus rückt. Innovationstreiber ist hier die Wirtschaft. Damit Landwirtschaft 4.0 endlich auf den Höfen ankommt, braucht es aber eine offene Kommunikation und klare Aufgabenteilung zwischen Wirtschaft, Staat, Wissenschaft und Verbänden.“
Digitale Lösungen für alle Betriebsgrößen
Niklas Veltkamp, Mitglied der Geschäftsleitung Bitkom e.V., Bereich Digitalisierung & Innovation: „Die Landwirtschaft von morgen ist digital, vernetzt und nachhaltig. Denn die Digitalisierung bietet riesige Potenziale, um die nachhaltige Transformation der Landwirtschaft zu unterstützen – bei der Biodiversität, im Kampf gegen den Klimawandel oder bei der Gesundheit von Tieren und Böden. Schon heute gibt es dazu eine große Bandbreite an digitalen Lösungen für Betriebe jeglicher Größe und Form. Auch für kleine oder ökologische Höfe sind digitale Anwendungen und Dienstleistungen ein niedrigschwelliger Einstieg, um die Bewirtschaftung nachhaltiger und zugleich effizienter zu gestalten. Damit digitale Lösungen strategisch und vor allem flächendeckend im Einsatz sein können, brauchen unsere Landwirtinnen und Landwirte schnelle und dauerhafte Unterstützung bei der Implementierung sowie innovative Startups und Unternehmen sichere Förderung für ihre Visionen.“
Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes: „Digitale Technologien ermöglichen Landwirten unter anderem eine präzise Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln und somit ein noch umwelt-, ressourcen- und klimaschonenderes Wirtschaften. Außerdem fördern sie das Tierwohl und die Tiergesundheit. Wesentliche Voraussetzungen, um die Potentiale der Digitalisierung in der Landwirtschaft nutzen zu können, sind eine flächendeckende Verfügbarkeit von schnellem Internet, die störungsfreie Funktionsfähigkeit unter Praxisbedingungen und nicht zuletzt die Wirtschaftlichkeit.“
Oliver Conz, hessischer Staatssekretär für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: „Digitalisierung ist allgegenwärtig und sie macht auch nicht vorm Hoftor halt. Mit Zukunftstechnologien setzen die Landwirtinnen und Landwirte schon jetzt auf die Chance für höhere Erträge, mehr Nachhaltigkeit, Klimaschutz und biologische Vielfalt. Um diese Investitionen zu unterstützen, stellen wir finanzielle Mittel für die Betriebe zur Verfügung. Gleichzeitig bieten wir Beratungen an und setzen uns dafür ein, dass auch die Verwaltungsabläufe verstärkt digital abgewickelt werden können, denn Landwirtschaft findet auch am Schreibtisch statt. Gemeinsam mit den landwirtschaftlichen Betrieben haben wir das Ziel, den technologischen Fortschritt zu nutzen und setzen deshalb Projekte wie das Deep Farming um, das uns mit verschiedenen Daten dabei hilft, das Ertragspotenzial zu prognostizieren und die Aussaat anzupassen. Es gibt viele Potenziale der Landwirtschaft 4.0 und ich freue mich, dass wir schon jetzt erste Erfolge sehen können.“