Ob die Planung in der Praxis aber sinnvoll und praktikabel ist, zeigt sich erst, wenn Räume fertiggestellt sind. Ein Team am Offenbach Institut für Mobilitätsdesign an der Hochschule für Gestaltung Offenbach validiert nun seine erzielten Forschungsergebnisse in diesem Kontext und verbindet funktionale und emotionale Aspekte der Raumplanung. Das Projekt wird vom Hessischen Digitalministerium aus dem Programm Distr@l mit rund 756.000 Euro gefördert.
„Räume des öffentlichen Lebens stehen vor immer neuen Anforderungen und Herausforderungen. Es ist beeindruckend, wie Räume mittels digitaler Techniken quasi lebendig werden können, um so evidenzbasiert Planungs- oder Gestaltungsprozesse zu ermöglichen. Eine technologische Innovation, die ohne die Distr@l-Förderung so nicht hätte umgesetzt werden können. Eine richtige und wichtige Investition in unsere Zukunft“, betont Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus.
In dem Förderprojekt wird die prototypische Software des Teams praxistauglich validiert und zu einer Analysesoftware „Immersity Lab“ weiterentwickelt. Diese automatisierte Analyse kann dann neben funktionalen auch emotionale Aspekte der Raumplanung im öffentlichen Raum besser und schneller berücksichtigen. Physische Räume werden in immersive digitale Zwillinge überführt, in denen verschiedene Situationen simuliert und miteinander verglichen werden können. Die Aussagen der Nutzenden (Bedürfnisse, Erwartungen, Bedenken) werden aufgenommen, kodiert, zeitlich mit Eye-Tracking-Daten korreliert und im Raum verortet. Mögliche Raumkonzepte können somit noch vor einer aufwendigen baulichen Umsetzung miteinander verglichen werden, wodurch ein evidenzbasierter Planungs- oder Gestaltungsprozess ermöglicht wird.
Funktionale und emotionale Raumgestaltung durch immersive Analyse
So können Maßnahmen und Entwürfe vorab auf ihre funktionale und emotionale Wirkung hin evaluiert werden. Zum Beispiel kann auf diese Weise die neue Haltstelle oder der Bahnhof unter dem Aspekt der Orientierung oder das Flughafenterminal auf die subjektive Sicherheit der Nutzenden hin untersucht werden und die untersuchten Räume können entsprechend der Kundenzufriedenheit geplant und gestaltet werden. Es sollen automatisiert „emotionale Karten“ von Räumen, wie zum Beispiel dem Frankfurter Hauptbahnhof erstellt werden, welche eine datenbasierte Entscheidungsgrundlage für die Gestaltung liefern. Mögliche Raumkonzepte können somit noch vor einer aufwendigen baulichen Umsetzung miteinander verglichen werden, wodurch ein evidenzbasierter Planungs- oder Gestaltungsprozess ermöglicht wird, der Fehlplanungen minimiert und so letztendlich viel Geld sparen kann.
„Durch Immersity Lab wird es möglich sein, den Menschen und seine Empfindungen bereits in Planungsprozessen zu berücksichtigen. Auf dem Weg dorthin ist die Distr@l-Förderung ein wichtiger erster Schritt“, sagt Julian Schwarze von der Hochschule für Gestaltung. „Immersity Lab“ kombiniert die softwarebasierte Erhebung und Analyse sozio-emotionaler Faktoren innerhalb immersiver virtueller Umgebungen. Hierbei werden Methoden und Expertisen mehrerer Disziplinen vereint. So werden im Rahmen des Vorhabens Kompetenzen aus den Bereichen Design, Software Engineering und Sozialwissenschaften zu einem interdisziplinären Projektteam gebündelt. In langjähriger, interdisziplinärer Zusammenarbeit der Projektmitglieder in unterschiedlichen Konstellationen wurde die Idee, „Immersity Lab“ für die praktische Anwendung in Planung und Praxis zur Verfügung zu entwickeln, geboren. Am Ende des Förderzeitraums im Herbst 2026 soll die Ausgründung aus der Hochschule stehen (Spin-off).
Hintergrundinformationen
Das Förderprogramm Distr@l ist Ende 2019 gestartet und läuft ausgesprochen erfolgreich. Distr@l ist auf Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausgerichtet, die signifikant den Stand der Technik erhöhen. Distr@l ist bewusst mit vier Förderlinien branchen- und themenübergreifend aufgestellt, um die digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft zielgruppenorientiert zu ermöglichen. Das Distr@l-Fördervolumen beträgt 55 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2025. Bisher wurden insgesamt 151 Projekte mit einem Gesamtvolumen von knapp 45 Millionen Euro zur Förderung ausgewählt; weitere rund 26 Millionen Euro werden durch die Wirtschaft zur Kofinanzierung der Projekte zusätzlich bereitgestellt.
Ausführliche Informationen zum Projekt gibt es auf der Plattform LIDIAÖffnet sich in einem neuen Fenster.