Hessisches Ministerium für Digitalisierung und Innovation

App bereitet Patientinnen und Patienten individuell auf große Operationen vor

Förderung aus Distr@l über rund 491.000 Euro

Operationen belasten den Körper meist stark. Um sich auf operative Eingriffe möglichst optimal vorzubereiten, hat die Capreolos GmbH aus Frankfurt eine App entwickelt, die Patientinnen und Patienten vorab durch ein individuelles Trainingsprogramm auf große Operationen vorbereitet. Um die sogenannte Prehab App bis zum Markteintritt weiter zu entwickeln, hat die Capreolos GmbH im Mai 2023 für zwei Jahre eine Förderung des Hessischen Ministeriums für Digitalisierung und Innovation aus dem Programm Distr@l von rund 491.000 Euro erhalten. Die App wurde nun zum marktreifen Produkt weiterentwickelt und ist in den letzten Schritten für eine Zulassung und den ersten kommerziellen Einsatz.

"Digitalisierung soll den Menschen dienen“

„Solche Projekte zeigen eindrücklich die Bedeutung unseres Förderprogramms. Die App ist nicht nur ein hessisches Best-Practice-Beispiel für herausragende digitale Innovationen, sondern sie passt genau zu unserem Ansatz: Digitalisierung soll den Menschen dienen“, betont Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus.

Gesundheitsministerin Diana Stolz ergänzt: „Bei einer anstehenden Operation sind viele Patientinnen und Patienten verunsichert und machen sich Gedanken um eine optimale Vorbereitung auf den Eingriff. Hier kann die App mit ihren leicht umzusetzenden und individuell abgestimmten Tipps zur richtigen Ernährung und Bewegung in den Tagen und Wochen vor der Operation unterstützen und Sicherheit geben. Die App ist ein sehr gutes Beispiel, dass die Digitalisierung nicht den persönlichen Kontakt ersetzen, sehr wohl aber Brücken bauen und unterstützen kann.“

Über die Prehab App 

Die Prehab App besteht aus zwei wesentlichen Elementen: Zum einen einer Arzt-App, in der Risikodaten der Patientinnen und Patienten mit wissenschaftlich fundierten Instrumenten erfasst und zur automatischen Berechnung eines aeroben Intervalltrainings genutzt werden. Zum anderen aus einer Patienten-App, die mit einer bereitgestellten Smartwatch ein drei- bis sechswöchiges Trainingsprogramm mit Ernährungsunterstützung und der Erfassung des mentalen Befindens umsetzt. Bei diesem Prähabilitationsprogramm können die Erkrankten zu Hause ihre inidividuelle Leistungsfähigkeit verbessern, sind aber trotzdem mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten verbunden und erhalten direktes Feedback zur Einhaltung der gesetzten Therapieziele. Die Anwendungen sind laut Projektbeteiligten für alle so einfach gehalten, dass sie elegant in den Alltag eingebaut werden können.

Die Literatur zeige, dass eine systematische Anwendung von moderater bis hoch intensiver Bewegungstherapie mit bis zu 50 Prozent weniger Komplikationen und 30 Prozent weniger Kosten einhergehe. Prof. Dr. Andreas Schnitzbauer, Geschäftsführer der Capreolos GmbH: „Die Idee zur Entwicklung der App entstand aus der Erkenntnis, dass wir immer über modifizierbare Risikofaktoren sprechen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wenn also Komplikationen bereits auftraten. Das hat mich in 20 Jahren Arztsein umgetrieben und dazu ermutigt, die Faktoren zu identifizieren und möglichst präventiv Risikofaktoren zu modifizieren und so Komplikationen zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.“

Durch das Distr@-Projekt zur Prehab App konnte sich Capreolos zu einem zertifizierten Medizinprodukteunternehmen und Cloudanbieter entwickeln. Weiterhin wurden alle Plattformen der Softwarelösung etabliert und technisch soweit vorbereitet, dass regulatorische Prozesse, Business-Intelligence-Analysen der Prähabilitationsdaten mit ihren Schlüsselindikatoren sowie die Bestellvorgänge automatisiert ablaufen können. Diese Prozesse wurden dahingehend soweit optimiert, dass marktübliche sichere Schnittstellen zu den digitalen Systemen der Krankenhäuser möglich sind. „Die Datenbanken bieten zudem herausragende Möglichkeiten, in einem nächsten Schritt die administrativen, analytischen und auch angewandten Softwaresysteme mittels analytischer und generativer KI-Systeme zu trainieren“, erläutert Prof. Schnitzbauer. Zudem sei die Software zum Patentschutz angemeldet worden.

Die Prehab App wurde in einer ersten Pilotstudie mit 393 Teilnehmenden am Universitätsklinikum Frankfurt erfolgreich getestet. Nun soll die App unter kontrollierten Bedingungen in der finalen Zweckbestimmung getestet werden. Aktuell läuft eine Studie mit etwa 400 Patienten im echten und klinikfernen Einsatz an mehreren deutschen Zentren. Die finalen Ergebnisse sind der letzte fehlende Mosaikstein für die Zulassung und den ersten kommerziellen Einsatz. „Wir sind dabei in sehr konstruktiven Gesprächen mit strategischen Stakeholdern in Deutschland und den USA, die einen hohen Nutzen in der aus dem Gesundheitssystem heraus entwickelten Lösung sehen und bei der flächendeckenden und vor allem durch die Payer im Gesundheitswesen rückfinanzierten Markteinführung helfen werden“, erläutert Prof. Dr. Schnitzbauer. Die Sicherung der Finanzierung der weiteren Businessschritte und der herausragenden Teamstruktur der Capreolos bis zum finalen Markteintritt seien die nächsten zu bewältigenden Aufgaben für das junge Unternehmen.

Die Capreolos GmbH ist ein 2021 von drei aktiven Klinikärzten als Spin-Off der Goethe-Universität gegründetes Digital Health-Start-up, das sich zum Ziel gesetzt hat, Patienten und Ärzten vor großen Operationen Zugang zu strukturierten Prähabilitationsmaßnahmen zu ermöglichen. Auf Basis von wissenschaftlicher Evidenz und medizinischer Exzellenz möchte Capreolos wegweisend für die Versorgungsqualität und Patientensicherheit sein und zugleich die Patientenautonomie stärken. Für diesen Ansatz wurde das Unternehmen bereits im September 2021 mit dem E-Health-Award des Landes Hessen ausgezeichnet.

Hintergrundinformationen

Das Förderprogramm Distr@l ist Ende 2019 gestartet und läuft ausgesprochen erfolgreich. Distr@l ist auf Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausgerichtet, die signifikant den Stand der Technik erhöhen. Distr@l ist bewusst mit vier Förderlinien branchen- und themenübergreifend aufgestellt, um die digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft zielgruppenorientiert zu ermöglichen. Das Distr@l-Fördervolumen beträgt 55 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2025. Bisher wurden insgesamt 151 Projekte mit einem Gesamtvolumen von knapp 45 Millionen Euro zur Förderung ausgewählt; weitere rund 26 Millionen Euro werden durch die Wirtschaft zur Kofinanzierung der Projekte zusätzlich bereitgestellt.

Ausführliche Informationen zum Projekt gibt es auf der Plattform LIDIAÖffnet sich in einem neuen Fenster.

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